Zürcher Filmstudien [35] 336 Seiten, 155 x 225 mm, einige Abb.1. Aufl., Oktober 2015 34,– € sofort lieferbarISBN 978-3-89472-835-9 |
Film Bild Kunst.
Visuelle Ästhetik des vorklassischen Stummfilms um 1910
Der Band thematisiert die Ästhetik des Filmbildes im vorklassischen Kino – mit einem deutlichem Akzent auf der zweiten Dekade (also den Jahren um und nach 1910). Die Beiträge untersuchen Stilistiken des Films überwiegend im Schnittpunkt der visuellen Kultur ihrer Zeit. Dabei geraten verschiedene Medien und ihr damals etabliertes Ausdruckrepertoire in den Blick. Filmische Referenzen zur Motivwelt und Stilistik der Tafelmalerei des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, darunter deren Affinität zum Ornament, spielen ebenso eine Rolle wie die mediale Transformation von Tableaux vivants, einer damals einflussreichen performativen Praxis. Der eigentümliche Zusammenklang von Erkenntnisinteressen, die sich in der zeitgenössischen Kunsttheorie auf Formaspekte bildender Kunst richteten, mit der Bildstilistik des Films finden in gleichem Maße Beachtung wie die neue gestische Kultur des Ausdruckstanzes, verbunden mit der lebensphilosophisch grundierten Begeisterung für alles Fließende und Wogende. Untersucht wird, wie ein arabeskes Schauspiel in der Tradition der italienischen Diva zu Filmbildern beiträgt, die der Welt des Jugendstils nahe stehen. Aufmerksamkeit richtet sich auf filmstilistische Folgen der Lust an den neuartigen Farbpaletten von Werbekatalogen der Industrie und auf Möglichkeiten des Films, die sich aus der Entwicklung von Trick-Bildern ergeben. Weit über den Film zurückreichende ikonographische Traditionen nationaler Klischees werden am Beispiel der Figur ‚der Niederländerin’ nachgezeichnet; die Analyse politisch grundierter Bildstrategien ästhetischer Überwältigung im Aktualitätenfilm des Ersten Weltkriegs bereichert das thematische Spektrum des Bandes. In der Filmgeschichtsschreibung galt die ästhetische Anverwandlung von Bildwelten und Formen etablierter Künste und Medien durch das junge Kino lange als ein Problem. Schien all dies doch von der ‚eigentlichen Aufgabe’ wegzuführen, ja daran zu hindern, das Einmalige, Spontane und Unverbrauchte, das in ästhetischer wie publikumssoziologischer Hinsicht grundlegend Neue, kurz: die mediale Spezifik des Films zu entdecken und den Ausdruck des Mediums entsprechend zu entwickeln. Der hier vorgelegte Band steht hingegen für einen Zugang, der die Entwicklung der neuen Möglichkeiten des Kinos historisch innerhalb der visuellen Kultur seiner Zeit betrachtet und transmediale Austauschprozesse von Beginn an als wesentlich und ertragreich für die Entwicklung der Filmästhetik ansieht.